"Wir werden niemals auf die Würde, die menschliche Solidarität und die soziale Gerechtigkeit verzichten"
Raúl Castro vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen.
Werte Staats- und Regierungschefinnen und Regierungschefs,
sehr verehrte Delegationsleiterinnen und Delegationsleiter,
sehr geehrter Generalsekretär der Vereinten Nationen
Raúl Castro bei seiner Rede vor der UNO-Generalversammlung, Foto: Juventud Rebelde |
Herr Präsident,
die Instabilität in zahlreichen Regionen hat ihre Wurzeln in der Situation der Unterentwicklung, in der zwei Drittel der Weltbevölkerung leben.
Die Fortschritte nach der Annahme der Milleniumsziele der Entwicklung sind unzureichend und ungleich verteilt. Die unannehmbaren Ausmaße von Armut und sozialer Ungleichheit dauern an und nehmen in vielen Fällen sogar in den Industrienationen selbst zu. Die Kluft zwischen dem Norden und dem Süden, sowie die Polarisierung des Reichtums wächst.
Wir müssen feststellen, dass wir noch weit davon entfernt sind, über eine wirkliche weltweite Vereinigung im Hinblick auf Entwicklung zu verfügen.
Nicht weniger als 2,7 Milliarden Menschen auf der Welt leben in Armut. Die weltweite Kindersterblichkeitsrate von unter Fünfjährigen übertrifft weiterhin diejenige der entwickelten Länder um ein Vielfaches. Die Müttersterblichkeit in den Entwicklungsregionen ist 14mal so hoch wie dort.
Mitten in der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise werden die Wohlhabenden und die transnationalen Konzerne immer reicher, während die Zahl der Armen, der Arbeits- und der Obdachlosen aufgrund der so genannten "Austeritätsstrategien" dramatisch zunimmt. Wellen verzweifelter Immigranten kommen auf der Flucht vor dem Elend und vor anderen entfachten Konflikten nach Europa.
Die Mittel zur Bewältigung der Tagesordnung entsprechen ohne messbare Verbindlichkeiten oder Zeitpläne nicht dem Umfang der 17 Zielsetzungen einer nachhaltigen Entwicklung.
Wenn wir eine bewohnbare Welt des Friedens und der Eintracht zwischen den Nationen, der Demokratie, der sozialen Gerechtigkeit, der Würde und des Respekts vor den Menschenrechten Aller wollen, müssen wir so bald wie möglich greifbare Verpflichtungen in Bezug auf Entwicklungshilfe eingehen und das Problem der schon mehrfach beglichenen Verschuldung lösen. Man müsste eine andere Finanzarchitektur errichten, das Technologie- und Wissensmonopol beseitigen und die gültige internationale Wirtschaftsordnung verändern.
Die industrialisierten Länder müssten ihre historische Schuld anerkennen und das Prinzip der "gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortlichkeiten" akzeptieren. Dabei kann das Fehlen von Ressourcen nicht angeführt werden, wo man doch 1,7 Billionen Dollar im Jahr für Militärausgaben verwendet, ohne deren Reduzierung weder eine Entwicklung noch ein stabiler und dauerhafter Friede möglich sein werden.
Herr Präsident,
die Wiederherstellungder diplomatischen Beziehungen zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten, die Eröffnung von Botschaften und die Veränderungen, die Präsident Obama in der Politik gegenüber unserem Land erklärt hat, stellen einen wichtigen Fortschritt dar, der die breiteste Unterstützung der internationalen Gemeinschaft hervorgerufen hat.
Dennoch hält die Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade gegen Kuba seit über einem halben Jahrhundert an, was für das kubanische Volk Schäden und Entbehrungen verursacht hat und für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes das wichtigste Hindernis darstellt, andere Nationen beeinträchtigt und auch die Interessen US-amerikanischer Bürger und Unternehmen beschädigt. Diese Politik wird von 188 Mitgliedsländern der Vereinten Nationen abgelehnt, die ein Ende dieser Maßnahme fordern.
Trotz alledem hat Kuba die Milleniumsziele erfüllt und anderen Entwicklungsländern auf verschiedenen Gebieten seine Zusammenarbeit angeboten, was wir im Rahmen unserer bescheidenen Möglichkeiten fortzusetzen gedenken.
Wir werden niemals auf die Würde, die menschliche Solidarität und die soziale Gerechtigkeit verzichten, die tiefgehende Überzeugungen unserer sozialistischen Gesellschaft darstellen.
Vielen Dank
Übersetzung: Klaus E. Lehmann
26.09.2015, New York
Quelle: amerika 21